Was war im Jahr 2023 aktuell?: Unterschied zwischen den Versionen
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Die Sportgeschichtsforschung hat sich in den letzten Jahren zu einem dynamischen Forschungsfeld entwickelt, das von Offenheit, Interdisziplinarität und seiner Vielfalt an gesellschaftlich relevanten Themen lebt. Diese Offenheit und Dynamik war trotz pandemiebedingten Erschwernissen auf der diesjährigen ISHPES-Konferenz 2022 mit dem Titel „Sport and History: Continuity and Change“ an der Norwegian School of Sport Sciences (NIH) in Oslo spürbar. | Die Sportgeschichtsforschung hat sich in den letzten Jahren zu einem dynamischen Forschungsfeld entwickelt, das von Offenheit, Interdisziplinarität und seiner Vielfalt an gesellschaftlich relevanten Themen lebt. Diese Offenheit und Dynamik war trotz pandemiebedingten Erschwernissen auf der diesjährigen ISHPES-Konferenz 2022 mit dem Titel „Sport and History: Continuity and Change“ an der Norwegian School of Sport Sciences (NIH) in Oslo spürbar. | ||
Insgesamt wurden beim Kongress einschließlich der Key Notes knapp 60 Vorträge in zwei bis drei Parallel-Sessions gehalten, wobei es sich bei knapp einem Drittel davon um Online-Vorträge handelte, bei denen die Vortragenden nicht vor Ort waren. Dies hatte einerseits den Vorteil, dass es Forschenden aus anderen Kontinenten ohne lange Reisen möglich war, am Kongress teilzunehmen, hatte andererseits vor Ort zur Folge, dass die Anzahl der Zuhörenden doch merklich reduziert war, was sich auf den sozialen Austausch und das Networking weniger positiv auswirkte. In einem Fall gab es sogar eine Session, die aus drei Online-Vorträgen bestand. Dennoch ist aufgrund der pandemiebedingten Veränderungen davon auszugehen, dass auch zukünftige Konferenzen in hybrider Form stattfinden werden. | Insgesamt wurden beim Kongress einschließlich der Key Notes knapp 60 Vorträge in zwei bis drei Parallel-Sessions gehalten, wobei es sich bei knapp einem Drittel davon um Online-Vorträge handelte, bei denen die Vortragenden nicht vor Ort waren. Dies hatte einerseits den Vorteil, dass es Forschenden aus anderen Kontinenten ohne lange Reisen möglich war, am Kongress teilzunehmen, hatte andererseits vor Ort zur Folge, dass die Anzahl der Zuhörenden doch merklich reduziert war, was sich auf den sozialen Austausch und das Networking weniger positiv auswirkte. In einem Fall gab es sogar eine Session, die aus drei Online-Vorträgen bestand. Dennoch ist aufgrund der pandemiebedingten Veränderungen davon auszugehen, dass auch zukünftige Konferenzen in hybrider Form stattfinden werden. | ||
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Doch nun zurück zur eingangs erwähnten Offenheit und Dynamik. Schon die erste von fünf Keynotes widmete sich der Sportgeschichte als integrativem Feld in den Geisteswissenschaften. Der schwedische Wissenschafts- und Umwelthistoriker Sverker Sörklin betonte besonders die Bedeutung der Sportgeschichte im Kontext einer Globalgeschichte. Im Sinne einer integrativen Geisteswissenschaft sollte auch die Sportgeschichtsforschung neben der fachbezogenen Grundlagenforschung und Spezialisierung vor allem die Symbiose zu anderen Fächern und Disziplinen suchen und eingehen. Dieser Weg sollte sich verstärkt auch in interdisziplinär angelegten Forschungsprojekten niederschlagen. | Doch nun zurück zur eingangs erwähnten Offenheit und Dynamik. Schon die erste von fünf Keynotes widmete sich der Sportgeschichte als integrativem Feld in den Geisteswissenschaften. Der schwedische Wissenschafts- und Umwelthistoriker Sverker Sörklin betonte besonders die Bedeutung der Sportgeschichte im Kontext einer Globalgeschichte. Im Sinne einer integrativen Geisteswissenschaft sollte auch die Sportgeschichtsforschung neben der fachbezogenen Grundlagenforschung und Spezialisierung vor allem die Symbiose zu anderen Fächern und Disziplinen suchen und eingehen. Dieser Weg sollte sich verstärkt auch in interdisziplinär angelegten Forschungsprojekten niederschlagen. | ||
Das Thema Sport, Bewegung und Corona war dann gleich Thema der ersten Parallelsession, die nun exemplarisch etwas genauer vorgestellt werden soll. Keiko Ikeda von der Hokkaido Universität in Japan untersuchte die Auswirkungen der Pandemie und des Home-Office auf die Sportpraxen und brachte diese in ihrem Online-Vortrag in Verbindung mit historischen Transformationsprozessen. | Das Thema Sport, Bewegung und Corona war dann gleich Thema der ersten Parallelsession, die nun exemplarisch etwas genauer vorgestellt werden soll. Keiko Ikeda von der Hokkaido Universität in Japan untersuchte die Auswirkungen der Pandemie und des Home-Office auf die Sportpraxen und brachte diese in ihrem Online-Vortrag in Verbindung mit historischen Transformationsprozessen. | ||
Unter dem klingenden Titel „Youth in the Republic of Play“ präsentierte Rob Ruck (Pittsburgh) sein aktuelles Forschungsvorhaben über mögliche, alternative Sportkonzepte in Europa, der Karibik, den Vereinigten Staaten und Ozeanien abseits des kommerziellen Mainstreams. Ruck plädierte in seinem Paper für Reformbewegungen im Jugendsport, die natürliche Körperkonzepte gegenüber der ständigen Schmiede von neuen Sporttalenten bevorzugen. | Unter dem klingenden Titel „Youth in the Republic of Play“ präsentierte Rob Ruck (Pittsburgh) sein aktuelles Forschungsvorhaben über mögliche, alternative Sportkonzepte in Europa, der Karibik, den Vereinigten Staaten und Ozeanien abseits des kommerziellen Mainstreams. Ruck plädierte in seinem Paper für Reformbewegungen im Jugendsport, die natürliche Körperkonzepte gegenüber der ständigen Schmiede von neuen Sporttalenten bevorzugen. | ||
Der dritte Vortrag in der ersten Parallelsession widmete sich einem sporthistorischen Thema und behandelte die Geschichte des Marathons in Norwegen. Gudmund Skejldal von der Norwegian School of Sport Sciences ging der Frage nach, welchen Beitrag die Marathonbewegung in Norwegen zur Sportifizierung der Gesellschaft beigetragen hat und inwieweit diese als tot oder lebendig eingestuft werden kann. | Der dritte Vortrag in der ersten Parallelsession widmete sich einem sporthistorischen Thema und behandelte die Geschichte des Marathons in Norwegen. Gudmund Skejldal von der Norwegian School of Sport Sciences ging der Frage nach, welchen Beitrag die Marathonbewegung in Norwegen zur Sportifizierung der Gesellschaft beigetragen hat und inwieweit diese als tot oder lebendig eingestuft werden kann. | ||
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In der parallel zur ersten Session stattfindenden Session zwei ging es in zwei Vorträgen um „Recognition in or by sport“ und die letzten beiden Sessions des ersten (halbtägigen) Kongresstages behandelten einerseits Beispiele nationaler, sportlicher Identitäten in Österreich und Schweden und andererseits das bedeutsame Thema Frauen und Sport. | In der parallel zur ersten Session stattfindenden Session zwei ging es in zwei Vorträgen um „Recognition in or by sport“ und die letzten beiden Sessions des ersten (halbtägigen) Kongresstages behandelten einerseits Beispiele nationaler, sportlicher Identitäten in Österreich und Schweden und andererseits das bedeutsame Thema Frauen und Sport. | ||
Der Historiker Andreas Brugger von den Montafoner Museen präsentierte in seinem Vortrag das Leben und Wirken des österreichischen Alpinisten und Wissenschaftlers Arnold Durig und brachte die sporthistorische Biografie und akademische Laufbahn des Bergsteigers Durig mit seinen Leistungen für die Höhenphysiologie und Sportmedizin in Verbindung. | Der Historiker Andreas Brugger von den Montafoner Museen präsentierte in seinem Vortrag das Leben und Wirken des österreichischen Alpinisten und Wissenschaftlers Arnold Durig und brachte die sporthistorische Biografie und akademische Laufbahn des Bergsteigers Durig mit seinen Leistungen für die Höhenphysiologie und Sportmedizin in Verbindung. | ||
Die Parallel-Session „Women in sport“ war thematisch äußerst vielseitig und reichte von den Rollen von Frauen bei den olympischen Flaggenparaden, über norwegische Leichtathletinnen im dritten Viertel des 20. Jahrhunderts bis hin zum Boykott der Olympischen Spiele 1936 im Dritten Reich durch jüdische Sportlerinnen. Nils Widmer von der Universität Luzern referierte unter anderem über sein Dissertationsthema zur Geschichte und Rolle von Frauen im Schweizer Skisport. Anschließend endete der erste Konferenztag mit einem kleinen Empfang in der Bibliothek der Norwegian School of Sport Sciences. | Die Parallel-Session „Women in sport“ war thematisch äußerst vielseitig und reichte von den Rollen von Frauen bei den olympischen Flaggenparaden, über norwegische Leichtathletinnen im dritten Viertel des 20. Jahrhunderts bis hin zum Boykott der Olympischen Spiele 1936 im Dritten Reich durch jüdische Sportlerinnen. Nils Widmer von der Universität Luzern referierte unter anderem über sein Dissertationsthema zur Geschichte und Rolle von Frauen im Schweizer Skisport. Anschließend endete der erste Konferenztag mit einem kleinen Empfang in der Bibliothek der Norwegian School of Sport Sciences. | ||
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Dem US-Amerikaner Alec S. Hurley, der mit dem ISHPES Early Scholar Award ausgezeichnet wurde, wurde die Ehre zuteil, den zweiten Kongresstag mit einer interessanten Keynote zu katholischen Männerturnvereinen in Rochester, NY, in der Zeit um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu eröffnen. Im Anschluss daran fanden gleich drei Sessions parallel statt und aufgrund der interessanten Themen dürfte vielen Teilnehmer*innen, die Wahl der zu besuchenden Session schwergefallen sein. Es ging nämlich einerseits um die Themenbereiche Sport und Tourismus sowie Sport und Medien und andererseits um Sportorganisationen und ihren Umgang mit Behinderungen. | Dem US-Amerikaner Alec S. Hurley, der mit dem ISHPES Early Scholar Award ausgezeichnet wurde, wurde die Ehre zuteil, den zweiten Kongresstag mit einer interessanten Keynote zu katholischen Männerturnvereinen in Rochester, NY, in der Zeit um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu eröffnen. Im Anschluss daran fanden gleich drei Sessions parallel statt und aufgrund der interessanten Themen dürfte vielen Teilnehmer*innen, die Wahl der zu besuchenden Session schwergefallen sein. Es ging nämlich einerseits um die Themenbereiche Sport und Tourismus sowie Sport und Medien und andererseits um Sportorganisationen und ihren Umgang mit Behinderungen. | ||
In der Session „Sport and Media“ arbeiteten sich Felix Kühnle (TU Darmstadt) und Marcel Reinold (Arctic University of Norway) am Heldenstatus und Mythos des umstrittenen Jahrhundertfußballers Diego Maradonna ab. Die Forschungsfrage der beiden Sportwissenschaftler richtete sich nach der ungebrochenen Popularität Maradonnas und wie der Fußballstar trotz der Skandale um seine Person ein Mythos bleiben konnte. | In der Session „Sport and Media“ arbeiteten sich Felix Kühnle (TU Darmstadt) und Marcel Reinold (Arctic University of Norway) am Heldenstatus und Mythos des umstrittenen Jahrhundertfußballers Diego Maradonna ab. Die Forschungsfrage der beiden Sportwissenschaftler richtete sich nach der ungebrochenen Popularität Maradonnas und wie der Fußballstar trotz der Skandale um seine Person ein Mythos bleiben konnte. | ||
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Nach der Mittagspause ging es mit den Sessions „Technology and Performances“ sowie „Gymnastic and exercise“ weiter, die interessante Erkenntnisse ans Tageslicht brachten, was den Wissenstransfer in Sporttheorie und -praxis betreffen. So referierte der Sportwissenschaftler und Sporthistoriker Michael Krüger von der Universität Münster über den Turner und Sporttheoretiker Heinrich Medau und seinen Einfluss auf die Deutsche Gymnastik im Kontext der „Roaring Twenties“ und der aufkommenden Gymnastikbewegung sowie Medaus Rolle im Nationalsozialismus. Krüger verwies in seinem Vortrag besonders auf das Erbe Medaus in der Mädchen- und Frauengymnastik der Gegenwart und erwähnte in diesem Zusammenhang die Medau-Gymnastik-Schule in Coburg, die nach wie vor existiert. | Nach der Mittagspause ging es mit den Sessions „Technology and Performances“ sowie „Gymnastic and exercise“ weiter, die interessante Erkenntnisse ans Tageslicht brachten, was den Wissenstransfer in Sporttheorie und -praxis betreffen. So referierte der Sportwissenschaftler und Sporthistoriker Michael Krüger von der Universität Münster über den Turner und Sporttheoretiker Heinrich Medau und seinen Einfluss auf die Deutsche Gymnastik im Kontext der „Roaring Twenties“ und der aufkommenden Gymnastikbewegung sowie Medaus Rolle im Nationalsozialismus. Krüger verwies in seinem Vortrag besonders auf das Erbe Medaus in der Mädchen- und Frauengymnastik der Gegenwart und erwähnte in diesem Zusammenhang die Medau-Gymnastik-Schule in Coburg, die nach wie vor existiert. | ||
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In eine ähnliche Richtung ging der Vortrag der Historikerin Patricia Vertinsky (University of British Columbia). Sie beschäftigte sich mit der Biografie der aus Wien stammenden und während der NS-Zeit nach Kanada geflüchteten jüdischen Sportlerin Hanne Wassermann. Vertinsky sprach über Wassermanns Gymnastik-Methode und ihren Beitrag zur modernen Körperkultur sowie Physiotherapie. | In eine ähnliche Richtung ging der Vortrag der Historikerin Patricia Vertinsky (University of British Columbia). Sie beschäftigte sich mit der Biografie der aus Wien stammenden und während der NS-Zeit nach Kanada geflüchteten jüdischen Sportlerin Hanne Wassermann. Vertinsky sprach über Wassermanns Gymnastik-Methode und ihren Beitrag zur modernen Körperkultur sowie Physiotherapie. | ||
Nach der Kaffeepause fand die bei ISHPES-Kongressen traditionelle Early Career Scholar Session statt, in der erfahrene Forscher*innen dem wissenschaftlichen Nachwuchs praktische Tipps gaben und Letztere Ersteren auch Fragen stellen konnten. Beide Verfasser dieses Kongressberichts haben daran in früheren Jahren teilgenommen und können somit aus erster Hand bestätigen, dass diese Session nicht nur bereichernd ist, sondern den Verantwortlichen von ISHPES der wissenschaftliche Nachwuchs in der Tat am Herzen liegt. | Nach der Kaffeepause fand die bei ISHPES-Kongressen traditionelle Early Career Scholar Session statt, in der erfahrene Forscher*innen dem wissenschaftlichen Nachwuchs praktische Tipps gaben und Letztere Ersteren auch Fragen stellen konnten. Beide Verfasser dieses Kongressberichts haben daran in früheren Jahren teilgenommen und können somit aus erster Hand bestätigen, dass diese Session nicht nur bereichernd ist, sondern den Verantwortlichen von ISHPES der wissenschaftliche Nachwuchs in der Tat am Herzen liegt. | ||
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Parallel dazu fand neben einer normalen Session auch eine Diskussionsrunde statt, in der Malcolm MacLean, Helge Christian Pedersen, Ornella Nzindukiyimana und Isak Lidström unter reger Teilnahme der interessierten Zuhörer*innen zum Thema „Sport, coloniality and a decolonial other“ diskutierten. Zum Tagesabschluss fand dann noch ein offizieller Empfang der Stadt im Rathaus von Oslo statt, in dem jedes Jahr der Friedensnobelpreis verliehen wird. Der Empfang endete mit einer inspirierenden Führung durch das monumentale Wahrzeichen der norwegischen Hauptstadt. | Parallel dazu fand neben einer normalen Session auch eine Diskussionsrunde statt, in der Malcolm MacLean, Helge Christian Pedersen, Ornella Nzindukiyimana und Isak Lidström unter reger Teilnahme der interessierten Zuhörer*innen zum Thema „Sport, coloniality and a decolonial other“ diskutierten. Zum Tagesabschluss fand dann noch ein offizieller Empfang der Stadt im Rathaus von Oslo statt, in dem jedes Jahr der Friedensnobelpreis verliehen wird. Der Empfang endete mit einer inspirierenden Führung durch das monumentale Wahrzeichen der norwegischen Hauptstadt. | ||
Der dritte Konferenztag begann mit der Keynote von Annette R. Hofmann, der langjährigen ISHPES-Präsidentin, die mit dem ISHPES-Award ausgezeichnet wurde. Sie widmete sich der bisher wenig beachteten und unaufgearbeiteten Geschichte der Deutschen Turnbewegung in der ehemaligen deutschen Kolonie Namibia. Hofmann lieferte mit ihrem Referat nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur transkontinentalen Sportgeschichte zwischen Europa und Afrika, sondern auch zur Überwindung der Kolonialgeschichte in sporthistorischen Bezügen. | Der dritte Konferenztag begann mit der Keynote von Annette R. Hofmann, der langjährigen ISHPES-Präsidentin, die mit dem ISHPES-Award ausgezeichnet wurde. Sie widmete sich der bisher wenig beachteten und unaufgearbeiteten Geschichte der Deutschen Turnbewegung in der ehemaligen deutschen Kolonie Namibia. Hofmann lieferte mit ihrem Referat nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur transkontinentalen Sportgeschichte zwischen Europa und Afrika, sondern auch zur Überwindung der Kolonialgeschichte in sporthistorischen Bezügen. | ||
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Die anschließenden drei Parallel-Sessions vor der Mittagspause waren ein eindrücklicher Beweis für die thematische Vielfalt, die sämtliche ISHPES-Kongresse auszeichnet. Die Themenschwerpunkte handelten von Visualisierungen von Sport, von Fußball und Identität sowie von Rudern und Kajaken. Nach der Mittagspause gab es weitere vier Sessions, die wiederum paarweise stattfanden. Die Themen reichten von internationalen Beziehungen und Diplomatie, über Rugby und Skisport, bis hin zu einer Session mit dem klingenden Titel „Combat: from training to fighting“. | Die anschließenden drei Parallel-Sessions vor der Mittagspause waren ein eindrücklicher Beweis für die thematische Vielfalt, die sämtliche ISHPES-Kongresse auszeichnet. Die Themenschwerpunkte handelten von Visualisierungen von Sport, von Fußball und Identität sowie von Rudern und Kajaken. Nach der Mittagspause gab es weitere vier Sessions, die wiederum paarweise stattfanden. Die Themen reichten von internationalen Beziehungen und Diplomatie, über Rugby und Skisport, bis hin zu einer Session mit dem klingenden Titel „Combat: from training to fighting“. | ||
In der skihistorischen Session war mit der Absage von Christof Thöny (Bludenz) leider ein Ausfall zu beklagen. Thöny hätte über den Einfluss des jüdischen Skisports in Österreich bis 1938 referiert. Das Thema des jüdischen Skisports wurde aber zum Glück von Andreas Praher (Universität Salzburg) aufgegriffen. Der Zeit- und Sporthistoriker widmete seinen Vortrag der aus Wien stammenden, jüdischen Skisportlerin Paula Kann-Valar, die 1939 in die USA flüchtete. Praher brachte die Biografie in Verbindung mit dem jüdischen Skilauf vor 1938, dem Antisemitismus und NS-Terror und betrachtete diese im Kontext des jüdischen Exodus, der transatlantischen Sportmigration und der Erinnerungskultur nach 1945. Der slowenische Historiker Tomaž Pavlin (University of Ljubljana) lieferte im Anschluss daran mit seiner Mikrostudie über die Historie der Skisprunganlage in Planica einen wertvollen Beitrag zur regionalen und nationalen Sport- und Skisprunggeschichte im ehemaligen Jugoslawien und heutigen Slowenien. Abseits der sportlichen Bedeutung hob Pavlin vor allem die Bedeutung Planicas als Ort und Landmark der nationalstaatlichen Identitätsbildung hervor. | In der skihistorischen Session war mit der Absage von Christof Thöny (Bludenz) leider ein Ausfall zu beklagen. Thöny hätte über den Einfluss des jüdischen Skisports in Österreich bis 1938 referiert. Das Thema des jüdischen Skisports wurde aber zum Glück von Andreas Praher (Universität Salzburg) aufgegriffen. Der Zeit- und Sporthistoriker widmete seinen Vortrag der aus Wien stammenden, jüdischen Skisportlerin Paula Kann-Valar, die 1939 in die USA flüchtete. Praher brachte die Biografie in Verbindung mit dem jüdischen Skilauf vor 1938, dem Antisemitismus und NS-Terror und betrachtete diese im Kontext des jüdischen Exodus, der transatlantischen Sportmigration und der Erinnerungskultur nach 1945. Der slowenische Historiker Tomaž Pavlin (University of Ljubljana) lieferte im Anschluss daran mit seiner Mikrostudie über die Historie der Skisprunganlage in Planica einen wertvollen Beitrag zur regionalen und nationalen Sport- und Skisprunggeschichte im ehemaligen Jugoslawien und heutigen Slowenien. Abseits der sportlichen Bedeutung hob Pavlin vor allem die Bedeutung Planicas als Ort und Landmark der nationalstaatlichen Identitätsbildung hervor. | ||
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Beendet wurde dieser Konferenztag mit der jährlichen ISHPES-Generalversammlung, die von Präsident Pierre-Olaf Schut geleitet wurde. | Beendet wurde dieser Konferenztag mit der jährlichen ISHPES-Generalversammlung, die von Präsident Pierre-Olaf Schut geleitet wurde. | ||
Am letzten Konferenztag dauerten die Vorträge nur mehr bis Mittag. Den Anfang machte die Keynote von Helge Christian Pederson, der mit dem Routledge Award ausgezeichnet wurde und sich mit dem Sport der Samen befasste. Anschließend fanden noch die letzten drei Parallel-Sessions zu Sportinfrastrukturen, Integration sowie zu „open papers“ statt, die die Konferenz thematisch auf stimmige Weise abrundeten. Danach ging es auf den Holmenkollen, wo die Besichtigung der Sprungschanze und des Skimuseums auf dem Programm standen. Zum Abschluss der Konferenz gab es noch ein gemeinsames Abendessen im Holmenkollen Restaurant, bei dem alle Teilnehmer*innen den Kongress gemütlich ausklingen ließen und seither auf ein Wiedersehen beim ISHPES-Kongress 2023 in Lausanne in der Schweiz hoffen. Bis Ende 2023 soll zudem eine Sonderausgabe des International Journal of the History of Sport mit ausgewählten Beiträgen des ISHPES-Kongresses 2022 erscheinen. | Am letzten Konferenztag dauerten die Vorträge nur mehr bis Mittag. Den Anfang machte die Keynote von Helge Christian Pederson, der mit dem Routledge Award ausgezeichnet wurde und sich mit dem Sport der Samen befasste. Anschließend fanden noch die letzten drei Parallel-Sessions zu Sportinfrastrukturen, Integration sowie zu „open papers“ statt, die die Konferenz thematisch auf stimmige Weise abrundeten. Danach ging es auf den Holmenkollen, wo die Besichtigung der Sprungschanze und des Skimuseums auf dem Programm standen. Zum Abschluss der Konferenz gab es noch ein gemeinsames Abendessen im Holmenkollen Restaurant, bei dem alle Teilnehmer*innen den Kongress gemütlich ausklingen ließen und seither auf ein Wiedersehen beim ISHPES-Kongress 2023 in Lausanne in der Schweiz hoffen. Bis Ende 2023 soll zudem eine Sonderausgabe des International Journal of the History of Sport mit ausgewählten Beiträgen des ISHPES-Kongresses 2022 erscheinen. | ||
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Dr. Andreas Brugger (Montafon/Österreich) | Dr. Andreas Brugger (Montafon/Österreich) | ||
Dr. Andreas Praher (Salzburg/Österreich | Dr. Andreas Praher (Salzburg/Österreich |
Version vom 30. August 2022, 14:50 Uhr
Willkommen bei der Deutschen Arbeitsgemeinschaft von Sportmuseen, Sportarchiven und Sportsammlungen e.V.
Ankündigungen und Neuigkeiten für das Jahr 2022 | |||||||||||||
ISHPES-Konferenz 2022 „Sport and History: Continuity and Change“Tagung der Internationalen Vereinigung Für die Geschichte der Leibeserziehung und des Sports (ISHPES) in OsloDas Kulturgut Baden und Schwimmen in historischer BetrachtungRückblick: 10. Symposium der DAGS und 16. Irseer Sporthistorische Konferenz"Zutritt nur in Badekleidung." Zur Geschichte des Wassersports in WetzlarSonderausstellung der Städtischen Museen WetzlarMichael Krüger als Vorsitzender der DAGS wiedergewähltRückblick auf die DAGS-Mitgliederversammlung, 20. Mai 2022 im Kloster Irsee)Festakt mit Preisverleihungen zum 40. Geburtstag in HannoverDas Niedersächsische Institut für Sportgeschichte wurde 40 Jahre altTagung des Willibald-Gebhardt-Instituts (WGI) am 11. Juli 2022Thema: "Olympischer Sport in der Tradition der Antike"Tagungsprogramm: "Von der Schwimmkunst zum Badevergnügen und Schwimmsport", 20. bis 22. Mai 2022 Schwabenakademie Irsee16. Irseer sporthistorische Konferenz sowie 10. Symposium der Deutschen Arbeitsgemeinschaft von Sportmuseen, Sportarchiven und Sportsammlungen e.V.Ankündigung: "Workshop für Jubiläumsvereine und Vereinsarchive" 2022Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg e.V.Vorankündigung: Neuerscheinung "Sammeln, Archivieren, Auswerten"Ratgeber zur Sportgeschichte für Vereine und VerbändeNachruf auf Dr. Gerd Falkner (1950-2021)Deutsches Skimuseum Planegg |
Inhaltsverzeichnis
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Chronik der VorjahreWas war im Jahr 2021 aktuell?Was war im Jahr 2020 aktuell?Was war im Jahr 2019 aktuell?Was war im Jahr 2018 aktuell?Was war im Jahr 2017 aktuell?Was war im Jahr 2016 aktuell?Was war im Jahr 2015 aktuell?Was war im Jahr 2014 aktuell? |